Carmina Burana

Kapitel 2

"Responde, qui tanta cupis!", modo Copia dicat. "Pone modum! Quae vis, dono." - "Volo plena sit arca." - "Plena sit!" - "Adde duas!"" - "Addo." - "Si quattuor essent, Sufficerent." - "Sic semper agis: cum plurima dono, Plus queris, nec plenus eris, donec morieris."

"Antworte, der du so viel wünschst!", möchte Copia (Göttin des Überflusses) sagen. "Setze ein Maß! Ich schenke dir, was du willst." - "Ich will, dass die Geldtruhe voll ist." - "Sie soll voll sein!" - "Füge zwei weitere hinzu!" - "Ich füge sie hinzu." - "Wenn es vier Truhen wären, würden sie ausreichen." - "So handelst du immer: Immer wenn ich dir sehr viel gebe, fragst du nach mehr; du wirst nicht voll (zufrieden) sein, bis du sterben wirst."

Kapitel 17

O Fortuna,
velut Iuna

Oh Fortuna,
wie der Mond

statu variabilis,
semper crescis

veränderlich im Zustand,
immer wächst du

aut decrescis;
vita detestabilis

oder schrumpfst du,
das abscheuliche Leben

nunc obdurat
et tunc curat

ist jetzt hart
und sorgt sich dann

Iudo mentis aciem,
egestatem,

spielerisch um die Schärfe des Geistes,
die Armut,

potestatem
dissolvit ut glaciem.

die Macht
löst es auf wie Eis.

Sors inmanis
et inanis,

Grausames und
eitles Schicksal,

rota tu volubilis,
status malus,

du rollendes Rad,
schlechter Zustand,

vana salus
semper dissolubilis,

vergängliches Heil,
immer auflösbar,

obumbrata
et velata

in Dunkel gehüllt
ergreifst du auch mich,

michi quoque niteris;
nunc per ludum

ich ertrage nun
durch dein

dorsum nudum
fero tui sceleris.

verbrecherisches Spiel
einen nackten Rücken.

Sors salutis
et virtutis

Schicksal des Heils
und der Tugend,

michi nunc contraria,
est affectus

mir jetzt feindlich,
ist ein Aufbäumen

et defectus
semper in angaria.

und eine Erschöpfung
immer im Frondienst.

Hac in hora
sine mora

In dieser Stunde,
ohne Verzug,

corde pulsum tangite;
quod per sortem

zupf die Saite;
weil durch das Schicksal

sternit fortem,
mecum omnes plangite!

der Starke fällt,
klagt alle laut mit mir!