Cicero: Pro Sexto Roscio Amerino
Kapitel 1
Credo ego vos, iudices, mirari, quid sit, quod, cum tot summi oratores hominesque nobilissimi sedeant, ego potissimum surrexerim, is, qui neque aetate neque ingenio neque auctoritate sim cum his, qui sedeant, comparandus. Omnes hi, quos videtis adesse in hac causa, iniuriam novo scelere conflatam putant oportere defendi, defendere ipsi propter iniquitatem temporum non audent. Ita fit, ut adsint propterea, quod officium sequuntur, taceant autem idcirco, quia periculum vitant.
Ich glaube, dass ihr, Richter, euch wundert, welchen Grund es gibt, dass gerade ich mich erhoben habe, da doch so viele vortreffliche Redner und sehr adelige Männer hier sitzen. Ich, der ich weder an Alter noch an Begabung oder an Macht mit denen verglichen werden darf, die hier sitzen. Alle diese, die ihr in diesem Prozess anwesend seht, glauben, dass das durch ein neues Verbrechen ausgeheckte Unrecht verteidigt gehört, sie selbst aber wagen es nicht, dieses aufgrund der ungünstigen Zeitumstände zu verteidigen. So kommt es, dass sie deshalb anwesend sind, weil sie ihrer Pflicht folgen, aber deswegen schweigen, weil sie die Gefahr meiden.
Kapitel 2
Quid ergo? Audacissimus ego ex omnibus? Minime. An tanto officiosior quam ceteri? Ne istius quidem laudis ita sum cupidus, ut aliis eam praereptam velim. Quae me igitur res praeter ceteros impulit, ut causam Sex. Rosci reciperem? Quia, si qui istorum dixisset, quos videtis adesse, in quibus summa auctoritas est atque amplitudo, si verbum de re publica fecisset, id, quod in hac causa fieri necesse est, multo plura dixisse, quam dixisset, putaretur.
Was also? Bin ich der Mutigste von allen? Am wenigsten! Aber bin ich umso pflichtbewusster als die übrigen? Nicht einmal nach diesem Lob bin ich so begierig, dass ich es den anderen wegnehmen möchte. Welche Sache treibt mich also gegenüber den anderen an, den Fall des Sextus Roscius zu übernehmen? Weil, wenn irgendjemand von diesen da gesagt hätte, die ihr hier anwesend seht und die in höchstem Ansehen und Rang stehen, wenn irgendjemand sich über den Staat geäußert hätte, das was in diesem Prozess notwendigerweise geschieht,dann würde geglaubt werden, dass dieser viel mehr gesagt hat, als er gesagt hätte.
Kapitel 3
Ego autem si omnia, quae dicenda sunt, libere dixero, nequaquam tamen similiter oratio mea exire atque in volgus emanare poterit. [...]
Wenn ich aber alles, was gesagt werden muss, frei sage, dann wird meine Rede dennoch keineswegs ähnlich bekannt werden und im Volk verbreitet werden können. [...]
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